Eine Entscheidung steht an
Der Morgen unseres vierten Tages stand unter keinem guten Stern. Wie schon im letzten Artikel erwähnt, haben wir kein Auge zu gemacht. Mir hingen die Strapazen der letzten Tage in den Knochen. Ich hatte zwei riesen Blasen unter den Füßen und konnte kaum richtig laufen. Dazu hatte ich seit Tag eins ständige Kopfschmerzen und war einfach fertig. Ich hab schon in der Nacht beschlossen: Ich mach das nicht. Ich fahr mit Papa nach Hause. Ich weiß nicht, was genau das Problem war. Das Gewicht des Rucksacks hatte ich von Anfang an unterschätzt. Touren, die ich eigentlich als einfach machbar eingestuft hätte, vielen mir auf einmal schwer. Wir hatten noch einige anspruchsvolle Touren geplant und mittlerweile bin ich mir sicher, dass ein ganz großer Teil der Zweifel an diesem Morgen die Angst war. Dazu kam das Wissen, dass eine Hüttennacht für mich nicht die erholsamste ist und ich dennoch mit schwerem Gepäck am Morgen wieder los muss. Die ganze Nacht habe ich mir den Kopf zerbrochen: Wie sage ich es Tim?
Gehen oder bleiben? Erstmal absteigen.
Ich hab ihn dann am Morgen raus begleitet und ihm einfach gesagt wie es ist: Ich bin fertig und ich weiß nicht, ob ich das hier zu ende bringen kann. Für ihn war klar: Wenn Du abbrichst, dann breche ich auch ab, überleg es Dir. Ich hab ihm angesehen, wie enttäuscht er in diesem Moment war und rechne es ihm hoch an, dass er so nüchtern geblieben ist. Es traf sich ganz gut, dass auch Papa und Jörg eine Horror-Nacht hatten und Papa gern absteigen wollte. Ursprünglich war die Tour noch weiter zur Winnebachseehütte geplant. Wir haben dann am Morgen beschlossen nach Umhausen abzusteigen, und eine Nacht in Längenfeld zu verbringen. Papa hatte da sein Wohnmobil stehen und Tim und Jörg haben sich für eine Nacht ein Zimmer genommen. Die Aussicht auf eine heiße Campingplatzdusche und eine Nacht im Wohnmobil hat meine Laune schlagartig verbessert und nach 20 Min Wegstrecke war klar: Ich breche natürlich nicht ab. Was hatte ich mir dabei gedacht?
Blick von der Terrasse der Schweinfurter Hütte / Aufbruch / ruhiger Morgen
Von der Schweinfurter nach Gries
Von der Schweinfurter Hütte aus gibt es verschiedene Wege einzuschlagen. Wir entschieden uns für den gemächlichen Abstieg nach Gries. Die ersten 45 Minuten sind wir schweigend und etwas bedrückt die breite Straße durch den noch kühlen Morgen abgestiegen. Nach 45 Minuten teilt sich der Weg in eine Straße und einen Wander- / Mountainbikeweg. Die Route war schön und entspannt zu gehen und die Stimmung lockerte sich nach und nach merklich. Bei unserer ersten Rast waren dann alle wach und guter Stimmung und wir entschieden den Abstieg noch über Umhausen auszudehnen und von dort aus mit dem Bus nach Längenfeld weiterzufahren.
Der Besuch am Stuibenfall
Was am Morgen etwas trostlos begonnen hatte, sollte sich im Laufe des Tages noch als Glück entpuppen. In dem Moment, als wir feststellten, dass wir am Stuibenfall entlang absteigen können. Der Stuibenfall in Umhausen ist mit 159 m Fallhöhe der höchste Wasserfall Tirols. Ich fand die Wassermassen gewaltig und eindrucksvoll. Der Weg geht am Wasserfall über zahllose Stufen hinauf (oder eben für uns herunter). Natürlich ein gut besuchter Sport, aber trotzdem einen Besuch wert.
Beeindruckender Stuibenfall / Papa und ich wieder besserer Stimmung ( Die Treppe am 159 m hohen Wasserfall
Am Stuibenfall befindet sich ein einfacher Klettersteig. Er geht auf der anderen Seite hoch und ist auch für Familien und Einsteiger geeignet. Ich war froh einfach nur entspannt zu spazieren, Tim hat der Steig natürlich noch mitgenommen. Sein Fazit: Sehr lohnenswert. Wer also Interesse daran hat, der findet hier einige Infos und die Topo zu dem Steig: Klick
Ich bin währenddessen mit den beiden Dads und Tims Rucksack durch die unerträgliche Hitze nach Umhausen gefahren, um von dort mit dem Bus nach Längenfeld zu fahren – was natürlich wieder völlig unkompliziert war. Am Abend waren wir alle schick essen und die Stimmung war ungetrübt. Am Ende waren wir alle froh, dass wir am Morgen entschieden hatten abzusteigen.
Der ursprünglich geplante Weg in grün von der Schweinfurter zur Winnebachseehütte und dann nach Gries und mit dem Wanderbus nach Längenfeld und die Route, die wir dann gegangen sind in blau und die Busfahrt in rot.